Die 12 Qualitätsdimensionen einer guten Klassenführung im Sportunterricht
1 Klarheit von Ansagen
Die
Qualitätsdimension Klarheit von Ansagen beinhaltet, wie deutlich und
verständlich die Lehrkräfte die unterrichtlichen Zielsetzungen sowie Aufgaben,
Übungen und weitere Unterrichtsschritte in Form von Ansagen, Fragen, Anregungen
kommunizieren (Piwowar, 2013). Studien bestätigen, dass diese Dimension in
positiver Korrelation zu den Schulleistungen, der Zufriedenheit sowie zum
Engagement der Schülerinnen und Schülern steht (Fendick, 1990; Hines,
Cruickshank & Kennedy, 1985).
2 Gruppenmobilisierung
Mit der
Qualitätsdimension Gruppenmobilisierung wird zum Ausdruck gebracht, dass eine
Lehrkraft immer eine Gruppe vor sich hat und dafür Sorge tragen muss, dass sich
möglichst viele Schülerinnen und Schüler gleichzeitig mit Lernaufgaben
auseinandersetzen. Dabei geht es darum, die Klasse als Ganzes in den Unterricht
mit einzubeziehen und allen Schülerinnen und Schülern Verantwortung für den
Lernpro44 zess zu übertragen, damit sie sich möglichst lange und intensiv mit
den Inhalten befassen (Kounin, 2006). Dies gilt auch für diejenigen, die nicht
motorisch aktiv mit der Aufgabe beschäftigt sind.
3 Reibungslose Übergänge
Mit der
Qualitätsdimension reibungslose Übergänge (z.B. beim Geräteauf- und -abbau)
geht es um eine knappe und eindeutige Überleitung zwischen verschiedenen
Unterrichtsphasen. Studien zeigen, dass der Gestaltung von reibungslosen
Übergängen ein relevanter Stellenwert zukommt, weil dadurch die aktive Lernzeit
erhöht und unterrichtsfernes Verhalten der Schülerinnen und Schüler vermieden
werden können (Kounin, 2006). Insbesondere im Sportunterricht mit seinen
besonderen Organisationsformen, wo zudem eine große Menge an Materialien
benötigt wird, sind reibungslose Übergänge ein relevanter Faktor der
Klassenführung (Cothran & Kulinna, 2015). Beim Aufstellen und
Aufräumen der Geräte können drei Formen unterschieden werden:
Gemeinsames
(holistisches) Aufstellen
- In dieser ersten Form, die in der
unterrichtlichen Praxis häufig auftritt, erläutert die Lehrperson anhand
einer Skizze und/oder eines Hallenplans, welche Gruppe was, wie und wo
aufzustellen hat. Vorteil: Die Lehrperson kann die unterschiedlichen
Gruppen bei Problemen und/oder Unklarheiten beiläufig unterstützen.
Nachteil: Die Aufträge müssen häufig «nachkorrigiert» werden, wenn sie
nicht verstanden werden.
Geräte Aufstellen
mit Nebenaufgaben
- In dieser zweiten Form werden
(hier am Beispiel des Aufstellens) alle Geräte und sämtliches Materialien
aufgestellt. Im Anschluss werden die lernzielorientierten Aufgaben und
Übungen bearbeitet. Diesbezüglich stellt jedoch nur eine Gruppe die Geräte
auf, die andere Gruppen werden mit einer lernzielorientierten Nebenaufgabe
beschäftigt. Vorteil: Lehrpersonen können dabei gut die Übersicht behalten
(Monitoring). Nachteil: Bei aufwendigen Gerätekombinationen kann die
Aufbauphase lange dauern und die Lern- und Bewegungsintensität wird
dadurch beeinträchtigt.
Geräte Aufstellen
mit der Karawane
- In dieser dritten Form geht die
Lehrpersonen mit den Schülerinnen und Schülern in einer Karawane durch die
Halle und erklärt den jeweiligen Gruppen, was sie wie und wo aufstellen
sollten. Während dem die Karawane weiterzieht, baut die Gruppe ihre Geräte
auf. Die Gruppe die ihre Geräte aufgestellt hat, schliesst sich der
Karawane wieder an. Vorteil: Das konkrete Zuweisen und Erklären vor Ort
führt zu einer hohen Klarheit der Aufträge. Nachteil: Die Lehrperson ist
in der Karawane und kann die anderen Gruppen, welche die Geräte aufbauen,
nicht unterstützen.
4 Sicherheit
Als
fachspezifische Qualitätsdimension gilt der Aspekt Sicherheit, der im
Sportunterricht im Vergleich zu anderen Fächern eine hohe Bedeutung zukommt
(Wolters & Kemna, 2011). Mit dieser Dimension werden alle Maßnahmen
eingeordnet, mit denen die sportunterrichtenden Lehrkräfte die physische
Sicherheit der am Unterricht teilnehmenden Personen gewährleisten.
5 Performanztransparenz
Eine weitere
fachspezifische Qualitätsdimension, die Performanztransparenz, greift die
Exposition der Schülerinnen und Schüler durch die körperliche Aktivität in der
Gruppe auf. So wird im Sportunterricht in der Regel direkt sichtbar, was
Lernende können oder auch nicht können (Baumgartner, 2013; Miethling &
Krieger, 2004). Sportunterrichtende Lehrpersonen sollten demensprechend
organisatorische Massnahmen ergreifen, damit sich die Schülerinnen und Schüler
im Sportunterricht nicht fortwährend ausgestellt fühlen. Dabei geht es um alle
Massnahmen, die helfen, um schamauslösende oder demütigende Situationen zu
vermeiden (Klinge, 2009; Wiesche, 2015).
6 Materialnutzung
Ein weiteres
Spezifikum des Sportunterrichts ist der grössere Bedarf an Gross- (z.B. Reck)
und Kleingeräten (z.B. Bälle). Die Qualitätsdimension Materialnutzung umfasst
entsprechend alle Massnahmen zur sachgerechten und sicherheitsgemässen
Bereitstellung der Geräte sowie des angemessenen lernzielorientierten Einsatzes
(Cothran & Kulinna, 2015).
7 Umgang mit Störungen
Um
sicherzustellen, dass Ansagen auch verstanden werden, ist Aufmerksamkeit
seitens der Schülerinnen und Schüler bedeutungsvoll. Dies erfordert ebenfalls
eine entsprechende Klassenführung, die mit der Qualitätsdimension Umgang mit
Störungen in Verbindung gebracht wird (Heemsoth, 2014). Dabei lassen sich unter
Störungen all die Ereignisse einordnen, die verhindern, dass die zur Verfügung
stehende Lernzeit optimal genutzt werden kann (Bohl & Kucharz, 2010).
Studien zeigen auf, dass ein frühzeitiges Eingreifen und beiläufiges
Intervenieren geeignete Strategien sein können, Unterrichtsstörungen zu
vermeiden. Dabei ist auch darauf zu achten, Schülerinnen und Schüler nicht
bloßzustellen (Emmer, Evertson, & Worsham, 2003).
8 Momentum
Die
Qualitätsdimension Momentum (Zügigkeit) verweist auf einen sich kontinuierlich
weiterentwickelnden, an die Bedürfnisse angepassten Unterrichtsverlauf, bei dem
es auch innerhalb der Unterrichtsphasen zu keinen langatmigen, themenbezogen
irrelevanten Verzögerungen kommt. Diese Variable lässt sich als
Unterrichtsfluss beobachten, in dem der inhaltlich thematische Bogen durch die
Vermeidung von Verzögerungen erhalten bleibt.
9 Monitoring
Das Monitoring
umschreibt eine Klassenführung, in der die Lehrkraft alle Ereignisse im Blick
hat und dies den Schülerinnen und Schülern signalisiert (Casale, Strauß,
Hennemann, & König, 2016). Ein gutes Monitoring, bei der die Lehrkraft die
Gruppe als Ganzes im Blick hat, ohne die einzelnen Schülerinnen und Schüler aus
den Augen zu verlieren, erhöht die Mitarbeit der Lernenden und verringert
aversive Handlungen (Gettinger & Kohler, 2006; Kounin, 2006). Es geht
darum, dass die Schülerinnen und Schüler das Gefühl haben, dass die Lehrperson
auch «Augen im Hinterkopf» hat.
10 Überlappung
Die Qualitätsdimension
Überlappung charakterisiert die Fähigkeit des Multitaskings, die sich darin
zeigt, dass die Lehrkraft in der Lage ist, auf mehrere handlungsauffordernde
Situationen gleichzeitig reagieren zu können. Dabei kann es beispielsweise
darum gehen, Verständnisschwierigkeiten, Ablaufprobleme oder aufkommende
Sicherheitsproblematiken nebenbei zu beheben, ohne den Unterrichtsfokus zu
verlieren. Es geht dabei um die hohe Bedeutung einer adäquaten und
unmittelbaren Reaktion auf gleichzeitig stattfindende Geschehnisse.
11 Rituale und Regeln
Rituale und
Regeln sind in der Sporthalle hilfreiche Führungsinstrumente, die den
Schülerinnen und Schüler Orientierung sowie Verlaufssicherheit geben (Kramer,
2016). Wie auch im Schulzimmer gilt es auch für den Sportunterricht, dass
wenige, sinnvolle Regeln und passende Rituale eingeführt werden.
12 Gruppenbildung
Im
Sportunterricht werden im Vergleich zu anderen Fächern häufig Gruppen gebildet
(Krieger, 2003). Mit der Qualitätsdimension Gruppenbildung soll erschlossen
werden, wie effektiv, sinnvoll und auch moralisch legitim Gruppen gebildet
werden. Um dabei möglichst effektiv zu sein, sollte die Gruppenbildung im
Sportunterricht einmalig zu Beginn des Unterrichts stattfinden und über die
Unterrichtsdauer hinweg nicht verändert werden. Gruppeneinteilungen können auch
über ein Quartal beibehalten werden.